Bittersweet Bird of Youth

Ausstellung
27. Juli – 11. August und bis 5. September 2018 nach Absprache
Kuratorenführungen: 2. August 18:00 und 4. September 18:00

»Bittersweet Bird of Youth«
Zum Ende der Sommersaison zeigen Hartmann Projects, in den Räumen von Marko Schacher im Galerienhaus Stuttgart, fünf Fotograf*innen, die sich in einem erweiterten Sinne mit dem Thema Porträt beschäftigen.
Tom Hunter, Ingar Krauss, Ute Mahler und Werner Mahler sowie Loredana Nemes vertreten mit ihren individuell-eigenständigen Haltungen und Herangehensweisen ein breites Spektrum zeitgenössischer Fotografie und haben in der Vergangenheit immer wieder Porträtserien fotografiert. Sie beschäftigen sich mit Themen der Identität, des Heranwachsen und dem Gefühl der Fremdheit im eigenen Körper oder dem kulturellen Umfeld. Mit allen Künstler verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit für Ausstellungen und Bücher. Was wir an ihnen schätzen, ist ihr zutiefst philanthropisches Weltbild, das auch in den Bildern zum Ausdruck kommt.
Der Ausstellungstitel zitiert das bekannten Drama »Sweet Bird of Youth« von Tennessee Williams (zu deutsch »Süsser Vogel Jugend«) aber wandelt den ironisch-pessimistischen Unterton des Originals melancholisch, hoffnungsvoll, ab. Im Gegensatz zum Theaterstück endet unsere Ausstellung nicht in der Katastrophe, sondern mit den Arbeiten von Tom Hunter und einem hoffnungsvoll stimmenden Rück- und Ausblick.
Von den seltsam melancholischen Schwarzweiß Bildern des Mädchens Hannah (Ingar Krauss), über die selbstvergessenen Gesichter der Monalisen der Vorstädte der Mahlers, den ultraharten und scharfen Gier-Bildern aus einem neuen Werkzyklus von Loredana Nemes, führt die Ausstellung weiter zu den warm-gefühlvollen Bildern einer langen Reise und einer wilden Freundesgruppe durch das Europa der 90’er von Tom Hunter. Über die Künstler und ihre Arbeiten:

Ingar Krauss »Von einem Mädchen«
Die Serie »Von einem Mädchen« (1999 bis 2007) ist nicht nur eine Dokumentation der körperlichen Entwicklung einer Heranwachsenden. Ingar Krauss versucht, den langsamen, schmerzhaften Prozess der Bewusstwerdung in dieser Zeit der Entwicklung sichtbar zu machen, die seelischen Verunsicherungen aus ihrem tiefen Versteck an die Oberfläche zu holen, sie offensichtlich zu machen. Seine Bilder wecken bei uns eigene Erinnerungen an diese Zeit der Ängste und Unsicherheiten, die uns vielleicht nie ganz loslassen.
Ingar Krauss (*1965, in Berlin) lebt und arbeitet in Berlin und Zechin (Brandenburg). Zur Zeit sind Arbeiten von ihm auch im Kunstmuseum Moritzburg (Halle) ausgestellt. Zur Künstlerseite.

Loredana Nemes, Bilder aus ihren Serien »Gier«  und »Beyond«
hat sich in den letzten zehn Jahren intensiv mit den Themen Identität und Persönlichkeit auseinandergesetzt. »Gier«, ein Zyklus, der Möwen auf der erbarmungslosen Jagd nach Futter zeigt, entstand, als Loredana Nemes eine Möwenfütterung beobachtete und sie das Gekreische und das einem Kampf ähnelnde Gerangel der Vögel, als ursprünglichen, kreatürlichen Energieausbruch erlebte.
In »beyond« untersucht sie die Fremdheit anderer Kulturen in türkischen, orientalischen und arabischen Männercafés in Neukölln, Kreuzberg oder Wedding.
Loredana Nemes (*1972) in Sibiu, Rumänien, lebt und arbeitet in Berlin. Aktuell zeigt die Berlinische Galerie eine monografische Einzelausstellung mit mehreren ihrer Projekte. Zur Website der Künstlerin. Zu unserem Buch.

Ute Mahler & Werner Mahler »Monalisen der Vorstädte«
»Monalisen der Vorstädte« ist eine Serie von Porträts junger Frauen und Mädchen, die im Moment des Fotografierens in sich ruhen und ohne scheinbaren Bezug zu ihrer Umgebung stehen. Die städtische Umgebung wirkt als soziale und emotionale Kulisse des Unruhigen und Nichtharmonischen – ein deutlicher Kontrastpunkt zu der Selbstvergessenheit auf den Gesichtern der Frauen. Ute und Werner Mahler untersuchen in ihrer Serie, wie prägend Kulturräume auf die Erscheinungen von Menschen sind.
Ute Mahler (*1949) und Werner Mahler (*1950) sind beide in Ostdeutschland geboren und seit 40 Jahren ein Paar. Sie sind Mitbegründer der Ostkreuzschule, Berlin und leben und arbeiten dort. Zur Zeit sind Arbeiten von ihnen auch im Kunstmuseum Moritzburg (Halle) ausgestellt.

Tom Hunter »Le Crowbar«
Nachdem der Criminal Justice and Order Act 1994 die britische Raver Szene und dazugehörige Festivals systematisch ausrottete, überquerten die »repetitiven Beats« den Ärmelkanal. Tom Hunter und seine Freunde, begeisterte Raver und zu der Zeit Hausbesetzer (Squatter) in London, kauften sich einen ausgedienten Reisebus, den sie umbauten und »le Crowbar« tauften, beluden ihn mit Müsli, Vegifood, Wickeltischen, und einem wirklich großen Soundsystem und bereisten den europäischen Kontinent für einen langen, großen Sommer. Auf der Reise lebten Sie vom Verkauf von Veggie-Burgern und Bier auf Rave-Festivals und an den Stränden Spaniens. Tom Hunter dokumentierte seine Freunde, die Freundschaften und die zutiefst entspannte Stimmung dieser Monate unterwegs, in für ihn typischen Bildern, die in ihren großen Momenten immer wieder an impressionistische Sittenbilder erinnern. In »Bittersweet Bird of Youth« zeigen wir diese Geschichte dieses großen Roadtrips das erste mal auf dem Kontinent, auf dem sie entstanden sind.
Tom Hunter (*1965) in Bournemouth, UK, lebt und arbeitet in London, unterrichtet am LCC (London College of Communication) und war der erste Fotograf, der eine Einzelausstellung in der National Gallery London bekam (2006). Zur Website des Künstlers.